Die Grundidee

Erneuerbare Energien (EE) erzeugen Strom. Stromerzeugung und Stromverbrauch sind häufig nicht im Gleichklang. Daher brauchen wir große Stromspeicher. Was global gilt, gilt auch lokal. Vermutlich fast jeder, der eine PV-Anlage auf dem Dach hat, wird feststellen, dass er den selbst erzeugten Strom nur zu ca. 20% auch selbst nutzen kann. Und seit Ende 2021 bekommt man für die Stromeinspeisung aus PV erstmalig weniger Geld als Strom an der Börse kostet. Und je mehr der Strombezug kostet (Ct/kWh), desto größer wird die Differenz zwischen Bezug und Einspeisung bzw. Lieferung an den lokalen Energieversorgen. Ein Ausweg aus diesem Dilemma: Den Eigenstromverbrauch erhöhen! Das gelingt am sinnvollsten mit einem Energiespeichersystem.

Ein Energiespeichersystem (ESS) speichert Energie ein und aus. Ein EES für EE muss also Strom ein- und ausspeichern. Batterien können das bei kleinen Speichermengen (kWh) sehr gut, und Wasserstoff (H2) bei großen Speichermengen (> 1 MWh). Leider ist ein H2-ESS derzeit noch ziemlich teuer, daher kommt wenn überhaupt erst einmal ein Batterie-ESS in Betracht. Der tägliche Strom-Bedarf einer "normalen" Familie liegt bei etwa 10 kWh. Bereits mit einer kleinen PV-Anlage von ca. 5 bis 10 kWp kann der tägliche Strombezug auf um etwa 40% reduziert werden. Der Rest kommt aus der PV-Anlage. Wenn kein Strombedarf vorhanden ist, wird PV-Strom ins Netz eingespeist und an den lokalen Energieversorger verkauft. Und zwar mit einer Einspeisevergütung, die über 20 Jahre festgeschrieben ist.

Mit einem Batteriespeicher (hier jetzt nur noch ESS genannt) kann man PV-Strom vom Tag in die Nacht übertragen. Vorausgesetzt tagsüber scheint die Sonne (und nachts nicht). Wie groß ein ESS ausgelegt wird, hängt alleine von dem täglichen zeitlichen Strombedarfsverlauf der Familie ab. Wie so oft bringt die erste kWh am meisten, und jede weitere kWh entsprechend weniger. Irgendwann bringt die weitere kWh keinen Vorteil mehr, weil dann die Leistung des ESS begrenzend wirkt.

Häufig geht man von folgender Faustformel aus: Speichergröße in kWh etwa gleich wie Peakleistung der PV-Anlage. Also für eine PV-Anlage mit 5 kWp ein ESS mit 5 kWh. Vor allem bei größeren Anlagen mit mehr als 20 kWp macht das natürlich nur dann Sinn, wenn der Strombedarf wirklich extrem hoch ist. Bei typischen 3500 kWh jährlichem Strombedarf kann der Netzbezug mit einer kleinen PV-Anlage (z.B. 6 bis 7 kWp) bereits auf ca. 1800 kWh reduziert werden. Ein ESS mit 3 bis 4 kWh kann den Netzbezug um weitere 40 bis 50% senken.


Erste Planungen mit Micro-Wechselrichter

Für eine gute Planung ist eine gute Datengrundlage hilfreich. Zum Glück hab ich genug Daten, da ich seit 8 Jahren den Stromzähler auslese und die Daten in einer MySQL-Datenbank liegen. Unser mittlerer Strombezug bei Nacht liegt zwischen 80 und 100 Watt. Nach Installation der PV-Anlage 2019 liegt der jährliche Strombezug bei ca. 1800 kWh. Die erste Idee war daher, lediglich die Grundlast von ca. 100 Watt über Nacht aus der Batterie zu versorgen. Wenn das zu 100% gelingt, könnte man damit schon einmal rein theoretisch ca. 870 kWh pro Jahr einsparen (8760h/Jahr * 100 W).

Für erste Tests hab ich mir einen 300W-Mikrowechselrichter (Y&H 300W DC18V-50V auf AC220V Solargitter Micro Inverter MPPT für 36V Solarpanels) gekauft. Mehrere Versuche, die Einspeiseleistung DC-Seitig zu begrenzen, waren leider erfolglos. Ich habe diverse DC/DC-StepUp und -StepDown ausprobiert, nichts hat stabil und zuverlässig funktioniert. Außerdem wird der Y&H-300W-WR bei Nennleistung so extrem heiß, dass ich dabei kein gutes Gefühl hätte.

Meine Idee wurde von diesem OpenSource-Projekt Solarspeicher (stationär) weiter inspiriert. Ich hatte mir von einem Bekannten den Modul-Wechselrichter Micro-Wechselrichter INV500-90 für erste Tests ausleihen können. Angeschlossen an einen 10s9p-LiPo-Akku hat die einphasige Einspeisung über mehrere Stunden bei ca. 480VAC auch prima funktioniert. Um die Einspeiseleistung zu begrenzen fehlte mir allerdings noch das PLC-Gateway, um via RS485 mit dem INV500 "sprechen" zu können. Dass das funktioniert, belegen diverse DIY-Projekte. Allerdings fehlt dann noch immer eine passende Batterie und ein passendes Ladegerät. Die Lösung mit einem INV500 ist sicher prima, wenn man sich auf diese Leistung begrenzen möchte und direkt aus PV-Modulen mit DC/DC laden kann. Ich möchte aber mit AC/DC laden, und das ist einfach teurer als DC/DC. Ein vernünftiges regelbares Ladegerät kosten dann schon einmal über 400 Euro. Ich hätte mir fast schon ein MEANWELL Schaltnetzteil RSP-1600-48 gekauft. Aber dann hab ich angefangen zu rechnen: INV500 ca. 270 Euro, passender PLC-Gateway ca. 160 Euro, Ladegerät ca. 400 Euro, in Summe ca. 830 Euro! Noch ohne Batterie! Und dann nicht einmal 500W. Das erschien mir zu teuer.


Weitere Planung mit Victron Energy Multiplus

Mit einem Victron Energy-Ladegerät hatte ich schon sehr gute Erfahrungen gemacht mit meinem Solar-USV-Projekt. Und mir war bekannt, dass viele DIY-Projekte Geräte von Victron Energy (VE) verwenden, wie un1zählige Projekte im Photovoltaikforum zeigen. Für ein AC-gekoppeltes ESS scheinen die VE-Multiplus-Geräte geradezu ideal zu sein, da bereits alle in einem Gerät vorhangen sind (Ladegerät, AC-WR, Reials, ...). Die Frage war zu: Welchen Multiplus verwenden? Ich habe mich nach langem hin und her für diesen entschieden: MultiPlus-II 48/3000/35-32 (ohne GX). Erstens erschien mit die Leistung von 3000 W angemessen, zweitens sind 48V-Batterien für stationäre Heimspeicher quasi Standard, und drittens erschien mir der Preis noch vertretbar. Dieses Teil gibt es bereits für ca. 1000 Euro. Ich habe mich für Multiplus II entschieden, da dieser im Unterschied zum Multiplus (ohne II) bereits Relais integriert hat. Ich habe mich gegen die GX-Version entschieden, da ich das gerne selbst mit einem Raspberry mit Venus OS aufbauen wollte.


Hier geht es hoffentlich bald weiter .........